Warnstreikwelle erreicht Mühlacker

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06.11.2008 Zeit für Verhandlungen läuft ab

Mühlacker 6.11.2008 - Nachdem gestern bereits 450 Metaller mit einer eindrucksvollen Kundgebung vor dem Fabriktor der Firma Witzenmann ihre
Forderung nach einer 8 prozentigen Entgelterhöhung unterstrichen hatten, kamen gegen 13.30 Uhr über 400 Teilnehmerrinnen und Teilnehmer zur Kundgebung beim Kühlerhersteller Behr in Mühlacker.

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Die Beschäftigten der Frühschicht verließen ihre Arbeitsplätze aus Protest gegen das magere Angebot der Arbeitgeber in der laufenden Tarifrunde in der Metall und Elektroindustrie alle samt eine Stunde vor dem offiziellen Schichtende.

Die Arbeitgeber hatten vorgeschlagen, dass es für 2008 nur eine Einmalzahlung in Höhe von 0,8% eines Jahreseinkommens für die Monate November und Dezember geben soll. Für das Jahr 2009 hatten die Arbeitgeber lediglich eine Erhöhung von 2,1% vorgeschlagen. Dies stieß bei den Demonstranten auf völliges Unverständnis.

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Als Kundgebungsredner kam eigens der prominente Vertreter der IG Metall Bezirksleitung aus Stuttgart ,Walter Beraus, vor das Tor der Firma Behr.

Zuerst ging der Vertreter der IG Metall Baden-Württemberg auf die Krise der Finanzmärkte ein und zitierte den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz aus den USA der meint, dass wir mit der Finanzmarktkrise "das Ende eines desaströsen Geschäftsmodells" erleben. Ein Geschäftsmodell, das die Welt an den Rand des ökonomischen Abgrundes geführt hat.

Nach seiner Einschätzung herrscht zwar in den Managementetagen Verunsicherung, doch immer noch bestimmen aberwitzige Renditeziele der Investoren die Geschäftspolitik in vielen Betrieben. Zocken statt investieren und produzieren, so lautet weiter das Motto im Finanzkapitalismus. Dieser Renditewahn lenkt nach seiner Meinung Mittel ins Finanzkasino und verhindert so Jobs und Wirtschaftswachstum im echten Leben. Mit den wahnsinnigen Spekulationsgewinnen kann die Realwirtschaft nicht mithalten - keine Maschine und kein Mensch!

Was wir deshalb brauchen, ist eine gesellschaftliche Debatte darüber, was wir an die Stelle neoliberaler Theorie und Praxis setzen wollen - und diese Debatte dürfen wir nicht vermeintlichen Finanzexperten, Börsenspekulanten und Lobbyisten des Zockerkapitals überlassen, rief er den applaudierenden Demonstranten zu.
Genauso wenig wie wir ja auch nicht die Rauschgifthändler über die besten Strategien zur Bekämpfung der Drogensucht diskutieren lassen würden. Er forderte daher eine durchgreifende Demokratisierung der Wirtschaft.

In Bezug auf die aktuelle Tarifrunde stellte er zum einen heraus, dass die wirtschaftliche Entwicklung wesentlich besser ist als allgemein dargestellt.

Was ist denn das für ein Land, in dem gleichzeitig ein Zuwachs der Nettogewinne in der Metall- und Elektroindustrie in den vergangenen vier Jahren um 220 Prozent und Renditeziele von bis zu 25 Prozent auf das Eigenkapital pro Jahr als normal und moralisch gerechtfertigt gelten - während die Menschen, die das durch ihre Arbeit erst ermöglichen, im Prinzip für verrückt erklärt werden, wenn sie einen fairen Anteil am Ergebnis ihrer Anstrengungen einfordern, so die Frage des Gewerkschafters.

Die Antwort könne doch jetzt nicht sein: Zurück zur Bescheidenheit - gebt dem Kapital doch noch mal eine neue Chance, sich eine noch goldenere Nase zu verdienen.

Nein, gerade jetzt sei es Zeit deutlich zu machen: Ungleiche Verteilung steht gegen Nachhaltigkeit bei Wachstum und Beschäftigung. Hier gilt es zu korrigieren. Auch mit unserer Forderung nach 8 %, macht Beraus deutlich.

Für den die IG Metaller geht es uns heute um mehr - auch um mehr Gerechtigkeit. Es geht darum, die Schieflage zwischen Profiten und Arbeitseinkommen wieder gerade zu rücken.

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Auch der Betriebsratsvorsitze der Firma Behr, Dieter Kiesling, unterstrich, dass jetzt mal die Beschäftigten dran sind wenn es um eine kräftige Einkommenserhöhung geht. Eine Einkommenserhöhung von 8% sei vollkommen berechtigt.

Er warnte die Arbeitgeber davor, dass es in jeder Auseinandersetzung irgendwann einen Punkt gibt an dem es heißt: "der Worte sind genug gewechselt".

Dieser Zeitpunkt sei nicht mehr sehr weit. Sollte es notwendig sein, dass die IGM zum Streik aufruft, werden wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des Maschinenbaus für ein faires und tragfähiges Ergebnis kämpfen, kündigte Kiesling an. Er kann sich auf eine kampferprobte Mannschaft verlassen, denn die Beschäftigten haben sich schon öfter an Arbeitskämpfen in Baden-Württemberg beteiligt.

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Die Betriebsratsvorsitzende der Firma Abele, Elisabeth Jäger, unterstrich dass auch die Beschäftigten von Abele die Lohnerhöhung brauchen. Abele ist nicht Mitglied im Arbeitgeberverband, hat jedoch einen Firmentarifvertrag mit der IG Metall.

Die Betriebsratsvorsitzende griff ihre Geschäftsleitung in ihrer Rede hart an, hatte der Betriebsrat erst vormittags erfahren, dass die Geschäftsleitung 18 befristeten Beschäftigten vor Ablauf der Verträge vorzeitig kündigen wolle. Erst am vergangenen Freitag mussten 19 Leiharbeiter ihre Arbeit bei Abele beenden.

Die Vorschläge des Betriebsrats die Beschäftigungsprobleme mit Arbeitszeitabsenkung nach dem Tarifvertrag oder Kurzarbeit zu überbrücken hatte die Geschäftsleitung rigoros abgelehnt.

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An der Kundgebung nahmen neben den Metallerinnen und Metallern der Firma Behr auch Beschäftigte der Firmen Händle und Abele teil.

Am Freitag gehen die Proteste Bei Behr in Vaihingen Enz und Pforzheim sowie bei Witzenmann in Remchingen weiter. Dort werden die Beschäftigten in allen Schichten die Arbeit eine Stunde früher beenden, da sind sich die Pforzheimer Verantwortlichen der IG Metall sicher.

Die Arbeitgeber haben dann noch eine letzte Chance wenn am 11.11. um mit einem deutlich verbesserten Angebot noch zu einer Einigung mit der IG Metall im Südwesten zu kommen. Ansonsten werden bereits Mitte der nächsten Woche die Mitglieder zu den Urnen gerufen um in einer Urabstimmung darüber zu entscheiden ob es zu Streiks kommen wird erklärten die Gewerkschafter.

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Begrüßungsrede Heinz Rau

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Rede Dieter Kiesling

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Rede Walter Beraus

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Kampfbereite Stimmung bei Behr

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Da war was los bei der Kundgebung

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Kolleginnen und Kollegen von Händle waren dabei

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Kolleginnen und Kollegen von Abele waren dabei

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Martin Kunzmann, Walter Beraus, Karl-Heiz Kortus, Heiz Rau

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Konsequent für 8 Prozent

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Der Betriebsratsvorsitzende der Fa. Behr Dieter Kiesling und sein Stellvertreter Heinz Rau

Der Betriebsratsvorsitzende der Fa. Behr Dieter Kiesling und sein Stellvertreter Heinz Rau

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Letzte Änderung: 06.11.2008