Evaluation gesetzlicher Mindestlohn

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18.12.2020 Mindestlohn: Das hat er gebracht - und das muss jetzt passieren

Am 1.1.2015 wurde der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland eingeführt. Seitdem haben Millionen Menschen von ihm profitiert, sämtliche Befürchtungen der Gegner - von massiven Arbeitsplatzverlusten bis zur Bedrohung ganzer Branchen - haben sich nicht bewahrheitet. Trotzdem fällt die Bilanz nach fast sechs Jahren durchwachsen aus.

Zum 1. Januar 2015 wurde der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Deutschland eingeführt. Damals lag er bei 8,50 Euro, zum 1.1.2021 steigt er auf 9,50 Euro brutto pro Zeitstunde. Wie gesetzlich vorgeschrieben wird das Mindestlohngesetz im Jahr 2020 evaluiert. Die zentralen Fragen: Was hat der Mindestlohn bislang gebracht? Und wo gibt es Veränderungsbedarf? Dazu legt der DGB jetzt ein Papier mit seiner Bewertung und konkreten Vorschlägen vor.

Erfolg der Gewerkschaften
Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ist ein Erfolg der Gewerkschaften und ein Meilenstein zur Wiederherstellung der Ordnung am Arbeitsmarkt. Sie war nötig, um die sinkende Tarifbindung und damit die Abkopplung der untersten Einkommen von der allgemeinen Lohnentwicklung zu stoppen. Stundenlöhne von 5 Euro und darunter waren vorher keine Seltenheit, und vier Millionen Beschäftigte hatten mit der Einführung des Mindestlohns sofort mehr Geld im Portemonnaie - zum Teil bis zu 20 Prozent. Vor allem bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ostdeutschland, geringfügig Beschäftigten, Personen ohne Berufsausbildung, Beschäftigten in kleineren Unternehmen sowie Frauen hat der Mindestlohn zu höheren Stundenlöhnen geführt - und so auch die Kaufkraft und damit die Wirtschaft positiv beeinflusst.

Im Gegenzug haben sich alle Befürchtungen der Mindestlohngegner als unbegründet herausgestellt. Der gesetzliche Mindestlohn hat weder den Wettbewerb in Deutschland behindert noch zu einer Bedrohung einzelner Branchen oder explodierenden Arbeitslosenzahlen geführt. Inzwischen erfährt der Mindestlohn über alle Parteigrenzen hinweg Zustimmung, und in einer aktuellen Umfrage sprechen sich knapp 80 Prozent der Bevölkerung für eine Anhebung auf 12 Euro aus.

Mindestlohn auf 12 Euro erhöhen
Hier liegt auch ein großes Problem des Mindestlohns - und der Hauptgrund, warum die Bilanz des DGB nach knapp sechs Jahren nicht nur postiv ausfällt. Trotz mehrerer Erhöhungen ist der Mindestlohn nach wie vor nicht auf einem existenzsichernden Niveau. Deshalb fordern der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften die Bundesregierung auf, den Mindestlohn zügig auf 12 Euro brutto je Zeitstunde zu erhöhen und dabei klarzustellen, dass zukünftig keinerlei weitere Entgeltbestandteile auf die Zahlung des Mindestlohns angerechnet werden dürfen. Nur so kann der gesetzliche Mindestlohn vor Amut schützen, auch im Alter.

Geltungsbereich ausweiten, Ausnahmen abschaffen
Außerdem müssen die im Gesetz festgelegten Ausnahmen für Langzeitarbeitslose, Jugendliche unter 18 und freiwillige Praktika während der Ausbildung bzw. des Studiums abgeschafft werden. Sie sind nicht nur wirkungslos und verfassungswidrig, sondern sorgen auch für Rechtsunsicherheit und diskriminieren die Betroffenen. Darüber hinaus muss der Mindestlohn in Zukunft auch arbeitnehmerähnliche Personen gelten. Für Solo- und Kleinstselbstständige muss ein Anspruch auf ein branchenspezifisches Mindesthonorar geschaffen werden.

Einhaltung des Mindestlohns verbessern
Um dem millionenfachen Mindestlohnbetrug schlagkräftig entgegenzutreten sind aus Sicht des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften eine Reihe von Maßnahmen nötig:

  • deutlich mehr Kontrollen
  • Kontrollen besser koordinieren, z.B. bei Arbeitszeit und Arbeitsschutz
  • Pflichten zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten ausweiten
  • Strafen für kriminelle Arbeitgeber drastisch erhöhen
  • Mindestlohn-Betrüger bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Fördergeldern ausschließen
  • Beschäftigte besser über ihre Rechte und die aktuelle Höhe des Mindestlohns informieren.

Letzte Änderung: 14.12.2020