Betriebe planen mit Durststrecke

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16.04.2020 IG Metall: Mit Kurzarbeit statt Entlassungen durch die Corona Pandemie

50 Betriebe mit Betriebsräten aus der Metall-Elektroindustrie, der Edelmetallindustrie und dem Handwerk in der Region Pforzheim und Enzkreis haben Kurzarbeit geplant oder bereits eingeführt, so die IG Metall Pforzheim in ihrer Presseerklärung.

Die aktuelle Entwicklung und diese Ausmaße ließen die Krise 2009 schon beinahe als "weniger schlimm" erscheinen.

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Das war sie aber nicht, erklärt die 1. Bevollmächtigte der IG Metall Pforzheim, Liane Papaioannou "Erinnern wir uns: In vielen Betrieben wurde das Geld knapp. Tausende Arbeitsplätze standen auf der Kippe. Leiharbeitnehmer*innen wurden abgemeldet, befristete Arbeitsverträge liefen aus, Kündigungen wurden geplant." Die IG Metall Pforzheim hätte damals vieles verhindert, heißt es weiter.

Dieses Mal haben nicht fehlende Gelder und knappe Kreditlinien die Produktion gestoppt, sondern ein Virus, so die Gewerkschafterin. Der Virus gefährdet Leben und Gesundheit der Beschäftigten, bringt Zulieferketten zum Erliegen, verhindert neue Aufträge und das weltweit.
"Bereits 2009 in der Finanzkrise sei das Motto der IG Metall Pforzheim 'Kurzarbeit statt Entlassungen!" gewesen, dieses Motto gilt auch und gerade im Jahr 2020. In dieser Krise scheinen zumindest derzeit die meisten Betriebe begriffen zu haben, dass es besser ist Stunden zu entlassen statt Menschen", so Papaioannou.

Deshalb haben inzwischen der Großteil der Betriebe Kurzarbeit geplant, oder führen diese bereits durch. Dies ergab eine Umfrage der IG Metall Pforzheim bei 77 Betrieben im Enzkreis. 65 Betriebe haben sich bereits zurückgemeldet, so die IG Metall. Von diesen Betrieben haben laut Gewerkschaftsangaben 50 (77%) Kurzarbeit geplant oder bereits eingeführt. In diesen Betrieben arbeiten rund 15.000 Beschäftigte.

15 Betriebe (23%) mit rund 2.400 Beschäftigten haben noch keine Kurzarbeit und bisher auch keine geplant.

In 34 der kurzarbeitenden Betriebe gibt es eine Aufzahlung zum Kurzarbeitergeld. In 25 Betrieben ist diese Aufzahlung Tariflich geregelt und beträgt ja nach Branche Umfang und der Intensität der Beschäftigungssicherung zwischen 80,5% und 97% des bisherigen Nettoentgelts, heißt es in der Erklärung der IG Metall weiter. Lediglich in 9 Betrieben ohne Tarifvertragsbindung gäbe es Regelungen in einer Betriebsvereinbarung zwischen 70 und 80% des bisherigen Nettos. "Die Regelung tragen dazu bei, dass Kurzarbeit in dem großen Umfang überhaupt möglich wird, ohne gleichzeitig den nächsten wirtschaftlichen Schock zu verursachen, weil die Kaufkraft einbricht," erklärt der Sprecher der IG Metall Pforzheim Arno Rastetter.

In Betrieben ohne Betriebsräte, welche nach IG Metall Angaben ebenfalls größtenteils Kurzarbeit beantragt hätten und die in aller Regel auch keine Tarifbindung hätten, gäbe es nur wenige, die das Kurzarbeitergeld aufstocken, weiß der Vertreter der IG Metall aus vielen Beratungsgesprächen und Videokonferenzen mit den Mitgliedern zu berichten.

Deshalb seien auch die deutlich vermehrten Anfragen zu Betriebsratsgründungen nicht verwunderlich, erklärt die 1. Bevollmächtigte Liane Papaioannou. Solche Neugründungen von Betriebsräten seien jedoch derzeit schwierig, da keine Präsenzversammlungen zur Wahl des Wahlvorstands durchgeführt werden können und technische Voraussetzungen für Videokonferenzen für alle Beschäftigten gerade in solchen Betrieben nicht gegeben seien. Die Wahlen werden in den meisten Fällen daher erst nach Abklingen der Pandemie möglich sein.

Auch die IG Metall Pforzheim kann keine Aussage dazu treffen, wie lange die Beschränkungen noch anhalten werden. Ökonomen benutzen für die möglichen Krisenszenarien drei Buchstaben: U, V und L. Bei der V-förmigen Entwicklung ginge man davon aus, dass nach der Krise sofort wieder durchgestartet werden kann, wie nach der Finanzkrise 2008/2009. Beim U zieht sich die Epidemie etwas länger hin, dann geht es wieder nach oben. Das L ist das schlimmste Szenario, hier lässt sich nicht absehen, wie lange die Krise dauert.

"Mein Eindruck aus Gesprächen mit Unternehmern ist, dass sich einige Unternehmen bereits auf dieses L-Szenario einstellen", sagt Papaioannou. "Natürlich hoffen alle, dass es schneller besser wird, wobei kaum jemand von einer V-förmigen Entwicklung ausgeht." Die Einschätzung der Wirtschaftswissenschaftler beim gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie (IMK) sei nicht ganz so pessimistisch. Dennoch befasse man sich auch bei der IG Metall mit dem schlimmsten Fall: "Das führt auch bei uns zum Nachdenken: Mit was muss man rechnen, wie schnell kann das gehen, wie akut wird das auf uns zukommen."

Letzte Änderung: 15.04.2020