Minus 40 Milliarden:

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17.10.2019 Warum Tarifflucht uns alle teuer zu stehen kommt

DGB-Berechnungen zeigen Kosten für die Allgemeinheit

Weniger Steuereinnahmen, weniger Zahlungen in die Sozialkassen, weniger Kaufkraft: Durch Tarifflucht und Lohndumping entgehen Deutschland jedes Jahr Einnahmen in Milliardenhöhe. "Das Geld fehlt für den sozialen Ausgleich und für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur und in Bildung", kritisiert DGB-Vorstand Stefan Körzell.

Teure Tarifflucht
Für immer weniger Beschäftigte und Betriebe in Deutschland gilt ein Tarifvertrag. Im Jahr 2018 waren nur noch 56 Prozent der Beschäftigten im Westen und 45 Prozent im Osten tarifgebunden. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst, sondern für die Allgemeinheit - und zwar auf verschiedenen Ebenen.

Durch Tarifflucht und Lohndumping entgehen den Sozialversicherungen jedes Jahr rund 24,8 Milliarden Euro Beiträge. Bund, Ländern und Kommunen fehlen 14,9 Milliarden Steuereinahmen. Zusammen rund 40 Milliarden Euro. Und: Ohne Tarifvertrag hat der arbeitende Teil der Bevölkerung weniger Geld in der Tasche, das er ausgeben kann. Das wiederum hat Einfluss auf die Wirtschaft und die Konjunktur. Wären alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tarifgebunden, würde sich ihre Kaufkraft um 35 Milliarden erhöhen - Jahr für Jahr. Das hat der DGB auf Grundlage der letzten Verdienststrukturerhebung des Statistischen Bundesamts berechnet. Dabei wurden auch die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland deutlich.

Kosten der Tarifflucht

Mindereinnahmen der Sozialversicherungen:
24,8 Milliarden Euro

Mindereinnahmen Verlust bei der Einkommenssteuer für Bund:
14,9 Milliarden Euro

Kaufkraftgewinn, wenn Beschäftigte tarifgebunden wären:
35,1 Milliarden Euro

Soziale Verantwortung der Unternehmen
"Eine geringe Tarifbindung und die grassierende Tarifflucht bringen die Allgemeinheit bei der Sozialversicherung und den Steuern um Milliardenbeträge", kommentiert DGB-Vorstand Stefan Körzell die aktuelle Auswertung. "Das Geld fehlt für den sozialen Ausgleich und für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur und in Bildung. Da müssen sich die Unternehmen dann schon mal die unbequeme Frage nach ihrer sozialen Verantwortung gefallen lassen, gerade auch angesichts der großen Umwälzungen, vor denen wir stehen."

So kann die Politik die Tarifbindung stärken
Doch nicht nur die Unternehmen, auch die Politik ist in der Pflicht. Nach Auffassung des DGB dürften öffentliche Aufträge und Fördergelder nur noch an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden. "Es ist ein Unding, dass der Staat mit Steuergeldern auch noch Lohndumping unterstützt. Stattdessen sollte der Staat seine öffentlichen Aufträge an Bedingungen für faire Bezahlung knüpfen", sagt Stefan Körzell.

Weitere mögliche Hebel sind die Reform der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifverträgen sowie bessere Regelungen zu Nachbindung und Nachwirkung von Tarifverträgen. "Tarifverträge sichern den sozialen Frieden und Gute Arbeit, sie sind ein hohes Gut in unserer Demokratie", so Körzell weiter. "Die Sozialpartnerschaft ist aber keine Einbahnstraße. Alle bisherigen Reformen des Tarifautonomiestärkungsgesetzes haben keinerlei Wirkung erzielt. Deshalb gehört eine hohe Tarifbindung und starke Sozialpartnerschaft ganz oben auf die Agenda der Bundesregierung. Sie muss jetzt zeigen, dass sie es mit der Stärkung der Tarifbindung ernst meint."

Anhang:

So kann die Politik die Tarifbindung stärken

So kann die Politik die Tarifbindung stärken

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Letzte Änderung: 08.10.2019