Darf der Chef im Corona Urlaub stören?

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09.06.2022 DGB-Experten beantworten Fragen aus dem Arbeitsrecht. Gerade in Coronazeiten wenn kaum jemand im Urlaub von zuhaue wegfährt eine wichtige Frage.

Endlich Urlaub! Dieses Jahr wieder mal nicht am Strand, sondern auf dem Balkon oder im Garten klingelt das Telefon. Der Chef hat mal wieder eine dringende Frage... Doch ist das überhaupt erlaubt? Darf der Arbeitgeber mich im Urlaub kontaktieren - oder erwarten, dass ich meine Mails regelmäßig checke, gerade wenn er weiß dass ich zuhause bin?

Darf mein Chef mich im Urlaub anrufen oder mir Mails schicken?
Das darf er schon - aber er darf grundsätzlich nicht erwarten, dass Sie darauf reagieren. Im Bundesurlaubsgesetz (BurlG) ist ausdrücklich festgelegt, dass der Urlaub der Erholung dient, denn laut § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Während dieser Zeit ruht die Hauptleistungspflicht der Beschäftigten - und das ist, die vereinbarte Arbeitsleitung zu erbringen.

Mit anderen Worten:Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben ein Recht auf Nichterreichbarkeit im Urlaub. Sie müssen während ihres gesetzlichen Erholungsurlaubs keine Telefonate beantworten und sind nicht verpflichtet, ihre Mails zu checken. Denn: Wer arbeitet, kann sich nicht erholen. Wenn auf Anweisung des Chefs während des Urlaubs telefoniert, gemailt oder anderweitig gearbeitet wird, gilt diese Zeit als Arbeitszeit. Das heißt: Sie muss regulär bezahlt und der Urlaub entsprechend nachgeholt werden. Das gilt übrigens auch für Führungskräfte, soweit sie Arbeitnehmer sind.

Auch wichtig: Selbst wenn sich der Arbeitgeber nur vorbehält, dem Arbeitnehmer während des Urlaubs Arbeit zuzuweisen, gilt der Urlaub als nicht ordnungsgemäß gewährt. Das heißt: Der Urlaubsanspruch für diese Zeit bleibt bestehen. Das gilt auch für den Fall, dass der Arbeitgeber direkt nach dem Urlaub ein Arbeitsergebnis erwartet, das nur zu erreichen ist, wenn während des Urlaubs gearbeitet wird.

Zwei Drittel sind auch im Urlaub erreichbar
Soweit die aktuelle Rechtslage und die Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Laut einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom sind rund zwei Drittel der Berufstätigen im Sommerurlaub dienstlich erreichbar. 61 Prozent lesen Kurznachrichten über iMessage oder WhatsApp, 57 Prozent sind auch telefonisch erreichbar. 27 Prozent der Beschäftigten lesen in den Ferien geschäftliche E-Mails.

Fazit: Digitale Medien ermöglichen flexibles Arbeiten, unabhängig von festen Orten und Zeiten. Das kann neue Freiheiten schaffen, aber auch dazu führen, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen. Gerade im Urlaub, wenn man sich erholen soll und will, ist es jedoch wichtig, mal richtig abzuschalten, denn Urlaub dient der Erholung und damit der Gesundheit.

Rechtliche Grundlagen: Arbeitszeitgesetz (ArbZG), Bundesurlaubsgesetz (BurlG), EU-Arbeitszeitrichtlinie

Dieser Artikel ersetzt keine Rechtsberatung. Keine Gewähr auf Vollständigkeit und Aktualität, Haftung ausgeschlossen.

Wer konkret betroffen ist macht einen Termin aus und kommt zur Rechtsberatung der IG Metall Pforzheim

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Letzte Änderung: 09.06.2022