Martin Kunzmann beibt Vorsitzender
Für den Landesvorsitzenden stimmten 100 Prozent der 93 anwesenden Delegierten (92 Ja, 0 Nein, eine Enthaltung; Enthaltungen gelten als nicht abgegebene Stimmen).

Der IG-Metaller Kunzmann dankte den Delegierten für den überwältigenden Vertrauensbeweis: "Ich freue mich sehr, dass wir gemeinsam daran weiterarbeiten, die Arbeits- und Lebensverhältnisse für die Beschäftigten in diesem Land weiter zu verbessern." Für die stellvertretende Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf votierten 95,5 Prozent (85 Ja, vier Nein, zwei Enthaltungen).
Die 21. Ordentliche Bezirkskonferenz im Stuttgarter Willi-Bleicher-Haus steht unter dem Motto "Solidarisch. Gerecht. Für alle!". Delegierte der acht DGB-Mitgliedsgewerkschaften - das Parlament der Arbeit - sind zusammengekommen, um die neue Führungsspitze und die vier Regionsgeschäftsführer/-innen zu wählen. Sie beraten und entscheiden zudem über das Arbeitsprogramm des DGB Baden-Württemberg für die kommenden vier Jahre. Neben vier Leitanträgen des Bezirksvorstandes -"Gute Arbeit", "Gute Bildung", "Gutes Leben" und "Starker DGB" - haben die Kreis- und Stadtverbände, der Bezirksfrauenausschuss, die DGB-Jugend und die Gewerkschaften Anträge eingebracht. Sichere Beschäftigung, eine höhere Tarifbindung, mehr Mitbestimmung, Weiterbildungschancen für alle Beschäftigte, ein chancengerechtes Bildungssystem, Investitionen in einen handlungsfähigen Staat sowie eine gerechte Steuer- und Sozialpolitik sind die Kernanliegen.
Als Vertreter der Landesregierung sprach der stellvertretende Ministerpräsident, Innenminister Thomas Strobl, zu den Anwesenden. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack ging in ihrem Grußwort auf die gewerkschaftlichen Anforderungen an die künftige Bundesregierung ein.
In seiner Rede stellte Martin Kunzmann die Erfolge des DGB und der Gewerkschaften in den vergangenen vier Jahren dar. Letztere hätten gute und wegweisende Tarifabschlüsse erzielt: "Geschenkt wird den Beschäftigten nichts. Wir müssen gemeinsam darum kämpfen."
Die Wirtschaftslage sei hervorragend, doch nicht alle Beschäftigten spürten diesen Aufwind. "Wer ein niedriges Einkommen hat, profitiert kaum von der guten Gesamtlage, obwohl alle Beschäftigten den Erfolg mit erarbeitet haben. Prekäre Beschäftigung nimmt auch im wohlhabenden Baden-Württemberg stetig zu. Mittlerweile sind fast zwei Millionen Menschen im Land atypisch beschäftigt (Teilzeit, Leiharbeit, geringfügige Beschäftigung). Jede vierte Frau im Land hat nur einen Minijob", sagte Kunzmann.
Nur noch etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land seien durch Tarifverträge geschützt. Die Entgelte in Betrieben ohne Tarifbindung lägen 20 Prozent unter dem Durchschnitt. Nicht einmal jeder zweite Beschäftigte arbeite in einem Betrieb mit Betriebsrat.
Der DGB-Landesvorsitzende forderte die Landesregierung auf, sich für gute Arbeit, mehr Tarifbindung und eine Stärkung der Mitbestimmung einzusetzen. Die Wirtschaft im Land stehe vor tiefgreifenden Umwälzungen, die die Digitalisierung, die Elektromobilität und die Energiewende mit sich brächten. "Die Beschäftigten müssen fit gemacht werden für die neuen Aufgaben. Doch statt in Weiterbildung zu investieren, herrscht in vielen Unternehmen intellektueller Stillstand. Deshalb fordert der DGB einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung. Hier ist die Landesregierung gefragt, Vorschläge zu machen. Hier ist selbstverständlich auch die neue Bundesregierung gefragt", betonte Kunzmann.
Die Gewerkschaften seien bereit, den Wandel zu gestalten: "Nur gemeinsam können wir verlässliche Brücken in die Arbeitswelt von morgen bauen. Uns geht es um Beschäftigungssicherung, Mitbestimmung, Gesundheitsschutz, Datenschutz - kurz: um eine weitere Humanisierung der Arbeitswelt, in der der Mensch im Mittelpunkt steht."
Der DGB-Landesvorsitzende appellierte an Grün-Schwarz, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Vorreiter für gute Arbeit zu sein: "Die öffentliche Hand sollte Tarifbindung und Mitbestimmung zum Kriterium bei der Vergabe machen. Das Mindeste ist, dass bei öffentlichen Aufträgen die gleiche Bezahlung gilt wie im öffentlichen Dienst. Doch nimmt die Landesregierung lediglich den bundesweiten Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde zum Maßstab. Das ist bei den hohen Lebenshaltungskosten im Land viel zu wenig. Beschäftigte stehen bei Grün-Schwarz nicht im Fokus. Das zeigt sich auch daran, dass sowohl die Grünen als auch die CDU immer wieder eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes anmahnen."
Scharf kritisierte Kunzmann die geplante Überprüfung des erst 2015 geschaffenen Bildungszeitgesetzes: "Das Bildungszeitgesetz darf nicht rasiert werden. Es muss verbessert werden. Für mich wäre es ein Kniefall vor den Arbeitgebern, sollte die Landesregierung die politische Bildung aus dem Gesetz streichen."
Der DGB und seine Gewerkschaften wenden sich klar gegen nationalistische und rechtsextreme Strömungen in Politik und Gesellschaft. Kunzmann: "Wir als Einheitsgewerkschaft sind gefordert, unsere demokratische und freiheitliche Grundordnung zu verteidigen. Wir wollen, dass die Menschen in unserem Land sicher und friedlich zusammenleben. Dafür setzen wir uns gemeinsam ein."
Seine Stellvertreterin Gabriele Frenzer-Wolf mahnte soziale Reformen und mehr Solidarität in Europa an: "Nur mutige Schritte bringen Europa aus der Vertrauenskrise. Dafür muss die europäische Politik zu substanziellen Verbesserungen der Arbeits- und Lebensverhältnisse aller Bürgerinnen und Bürger in Europa beitragen."
Letzte Änderung: 27.01.2018