Entlastung für Schichtarbeiter

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05.12.2017 Pforzheimer Metallerinnen und Metaller fahren zu den Tarifverhandlungen nach Ludwigsburg

Am Donnerstag den 14.12.2017 beginnt in Baden-Württemberg die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie. Die IG Metall fordert für die bundesweit rund 3,9 Millionen Beschäftigten eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um sechs Prozent.

Außerdem will sie eine Wahloption bei der Arbeitszeit durchsetzen. Beschäftigte sollen ihre wöchentliche Arbeitszeit ohne Begründung auf bis zu 28 Stunden für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten reduzieren und danach wieder auf ihre ursprüngliche Arbeitszeit zurückkehren können.

Für Beschäftigte, die Kinder betreuen, Angehörige pflegen, die in Schicht oder in anderen belastenden Arbeitszeitmodellen arbeiten, soll es einen Entgeltzuschuss geben, wenn sie ihre Arbeitszeit verringern. Für Schichtarbeiter soll dieser Zuschuss bei einer Mindestreduzierung der Arbeitszeit - 750 Euro im Jahr betragen.

"Unser Ziel ist mehr Selbstbestimmung der Beschäftigten über ihre Arbeitszeit. Zum Beispiel sollen sich Frauen und Männer in Schichtarbeit durch mehr selbstgewählte Freischichten Entlastung verschaffen können", erklärt die erste Bevollmächtigte Liane Papaioannou anlässlich der zweiten Tarifverhandlung. "Damit die Verkürzung der Arbeitszeit zum Schutz der Gesundheit nicht vom Geldbeutel abhängt, fordern wir auch für Beschäftigte in Schichtarbeit oder anderen belastenden Arbeitszeitmodellen einen Entgeltzuschuss."

Beschäftigte mit versetzten Arbeitszeiten, etwa in Schichtarbeit, sind besonders gesundheitlich gefährdet. Erschöpfung, Müdigkeit, Schlafstörungen und Rückenschmerzen treten bei ihnen häufiger auf als bei Beschäftigten mit Arbeitszeiten zwischen 7 und 19 Uhr. Das zeigt der "Arbeitszeitreport Deutschland 2016" der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Andere Studien kommen zu dem Ergebnis: Wer über längere Zeit Schicht arbeitet, hat ein höheres Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, ist anfälliger für depressive Stimmungen und Angstzustände und läuft Gefahr, an Burnout zu erkranken. "Die Befunde der arbeitsmedizinischen Forschung sind eindeutig: Schichtarbeit beeinträchtigt die Gesundheit. Deshalb ist eine Entlastung der Beschäftigten in diesen Arbeitszeitmodellen überfällig", fordert die Gewerkschafterin.

Schichtarbeit ist aber auch eine soziale Belastung. Denn die Arbeit wird getan, wenn normalerweise das Familien- und Vereinsleben stattfindet oder sich der Freundeskreis trifft.

Gesicherte Rechte auf Arbeitszeitverkürzung zur Entlastung für Schichtarbeiter gibt es kaum. Selbst unter den großen Unternehmen der Metall- und Elektro-industrie bieten nur 8 Prozent verbindliche Ansprüche. Das zeigt eine Erhebung der IG Metall unter 74 Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten. Dies gilt auch für den Enzkreis erklärt Papaioannou. hier gibt es nur einen Unternehmen in dem es verbindliche Regelungen zur Verkürzten Vollzeit gibt.

"Die Arbeitszeit der Schichtarbeiter ist in hohem Maße fremdbestimmt. Sie sind in ihren Schichtmodellen gefangen. Außerdem sind die Kolleginnen und Kollegen besonders stark einer Flexibilisierung der Arbeitszeit durch die Unternehmen unterworfen, die sich ausschließlich an Markterfordernissen orientiert.", meint Papaioannou. "Deshalb brauchen die Beschäftigten endlich verbindliche tarifliche Ansprüche auf eine Reduzierung der Arbeitszeit und damit mehr Selbstbestimmung."

Um dies zu untermauern werden aus den Pforzheimer Metallbetrieben über 70 Beschäftigte mit zwei Bussen nach Ludwigsburg fahren um an der Protestversammlung teilnehmen die im Rahmen der zweiten Verhandlung stattfinden wird.

Schichtarbeit nimmt immer mehr zu. In der Metall- und Elektroindustrie arbeitet ein Drittel aller Beschäftigten Schicht - viele davon regelmäßig auch am Wochenende. Das zeigt die Beschäftigtenbefragung der IG Metall, an der sich rund 680.000 Frauen und Männer beteiligt haben.

In im Bereich der Metall und Elektrobetriebe im Enzkreis arbeiten rund 44 % der Beschäftigten in Schicht. Am häufigsten verbreitet ist Schichtarbeit in der Produktion und in produktions-nahen Tätigkeiten. Zwei Drittel der Betroffenen arbeiten im Zweischicht-, mehr als ein Viertel im Dreischichtbetrieb. Rund vier Prozent arbeiten dauerhaft nachts. "Auch Schichtarbeiter wollen Arbeitszeiten, die zum Leben passen. Dabei steht die freie Wahl von Freischichten ganz oben", sagt der Sprecher der IG Metall Pforzheim Arno Rastetter.

Letzte Änderung: 19.12.2018