Scharfe Kritik an Dulger

Vorschaubild

06.09.2017 Landestariftreue- und Mindestlohngesetz weiter dringend erforderlich.

Der DGB-Landesvorsitzende Martin Kunzmann widerspricht dem Landesarbeitgeberpräsidenten Rainer Dulger, der das bestehende Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG) komplett abgeschafft haben möchte, energisch. Dulger hatte diese Forderung an die Adresse der grün-schwarze Koalition in der heutigen Ausgabe der Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten erhoben.

Kunzmann: "Tarifverträge sind alles andere als überflüssige Bürokratie. Die Arbeitgeber wollen unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus bei öffentlichen Aufträgen die Löhne ihrer Beschäftigten drücken und ihre eigenen Gewinne steigern. Die Regelungen im bestehenden Landestariftreue- und Mindestlohngesetz sind ohnehin viel zu zahm gegenüber Arbeitgebern, die zwar mit öffentlichen Aufträgen gutes Geld verdienen, ihren Beschäftigten gleichzeitig aber keine tariflichen Löhne zahlen wollen."

Der DGB kritisiert, dass der LTMG festgelegte Mindestlohn mit gegenwärtig lediglich 8,50 Euro in der Stunde viel zu niedrig sei, um davon in Baden-Württemberg anständig leben zu können. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2013 hätten sich die damalige und die jetzige Landesregierung standhaft geweigert, das Mindestentgelt zu erhöhen, obwohl die Gewerkschaften darauf wiederholt gedrungen hätten. Nach Auffassung des DGB muss sich das Mindestentgelt an der untersten Entgeltgruppe des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst im Land (TV-L) orientierten und entsprechend der tariflichen Steigerungen jährlich erhöht werden. Aktuell liegt der Stundenlohn dort in der niedrigsten Entgeltgruppe bei 10,46 Euro.

Kunzmann forderte die Landespolitik auf, "endlich die Anwendung von Tarifverträgen zur Bedingung für die öffentliche Auftragsvergabe insgesamt zu machen". Lediglich ein Mindestentgelt von 8,50 Euro festzuschreiben, ist nach Meinung des DGB-Landesvorsitzenden "viel zu wenig angesichts des sich auch in Baden-Württemberg immer stärker ausbreitenden Niedriglohnsektors und der Erosion der Flächentarifverträge in vielen Branchen". Nötig sei, eine echte Pflicht zur Tariftreue bei öffentlichen Auftragsvergaben einzuführen. Diese ginge über das Mindestentgelt hinaus.

Kunzmann weiter: "Das bestehende Gesetz bietet dafür gute Ausgangsbedingungen. Schon jetzt verlangt es, dass Branchen wie die Bauwirtschaft, in denen auch untere Lohngruppen von Tarifverträgen vom Staat für allgemeinverbindlich erklärt worden sind, ihre Beschäftigten bei öffentlichen Aufträgen ordentlich entlohnen. Baden-Württemberg kann weit mehr tun, als sich auf den bundesweit geltenden Mindestlohn zu berufen.

Der DGB-Landesvorsitzende wunderte sich über Dulgers Initiative, sich als Chef der Landesvereinigung von Arbeitgeberverbänden, deren grundgesetzliche Aufgabe es sei, Tarifverträge abzuschließen, gegen die Anwendung von Tarifverträgen bei öffentlichen Auftragsvergaben zu stellen. Er bezweifelt, ob der Arbeitgeberverband auf diese Weise die Interessen der tariftreuen Mitglieder vertritt, die mit Qualität, Innovationen und Tarifverträgen im Wettbewerb sehr gut bestehen und ihr Heil eben nicht im Lohndumping bei öffentlichen Aufträgen suchten.

Letzte Änderung: 12.09.2017