Novellierung Mutterschutzgesetz

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23.09.2016 Die Bundesregierung hat den Entwurf für das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechtes vorgelegt. Diese Neuregelung wird von der IG Metall grundsätzlich begrüßt.

Insbesondere aufgrund veränderter Erwerbsbiografien der Frauen
wie auch der Veränderungen der Arbeitsbedingungen ist eine Überprüfung
und Weiterentwicklung bestehender Regelungen des Mutterschutzrechtes
erforderlich.

Die IG Metall begrüßt das in den Neuregelungen enthaltene und zwingend
durchzuführende mehrstufige Modell von der Umgestaltung des Arbeitsplatzes,
Wechsel des Arbeitsplatzes und als ultima ratio vorzeitiges Beschäftigungsverbot.

Die IG Metall begrüßt ebenfalls, dass sich die arbeits- und gesundheitsschutzrechtlichen Bestimmungen nun auch wieder auf schwangere Schülerinnen, Praktikantinnen und Studentinnen erstrecken.

Wichtig ist, dass die Regelungen dazu eindeutig sind, um betriebliche
Umsetzungsprobleme zu vermeiden und die Klärung nicht allein der betroffenen
Frau zuzuweisen. In der besonderen Lebenssituation, in der sich die schwangeren /stillenden Frauen befinden, stellen betriebliche Auseinandersetzungen eine zusätzliche Belastung dar, die es nach Möglichkeit zu verhindern gilt.

Die Novellierung darf allerdings nicht dazu führen, dass das wesentliche
Ziel des Mutterschutzrechts, der Schutz der schwangeren und stillenden Frau
und ihres (ungeborenen) Kindes in den Hintergrund tritt und das bestehende
Schutzniveau abgesenkt wird.

Die IG Metall lehnt die vorgesehene Neuregelung des Verbots für Nacht-,
Sonn- und Feiertagsarbeit ab. Sie stellt eine Absenkung des bestehenden
Schutzniveaus dar. Ausnahmen vom Verbot werden dann zugelassen, wenn
u.a. die Arbeitnehmerin freiwillig zustimmt. Der Arbeitsschutz wird damit zur
Disposition der Arbeitsvertragsparteien gestellt. Dies stellt einen Systembruch im öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz dar. Ausdrücklich weisen wir darauf, dass es hier nicht darum geht, selbstbestimmtes Handeln der Frau zu unterbinden.

Vielmehr darf der Arbeitsschutz - also auch der Mutterschutz - generell
nicht zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien gestellt werden. Der Gesetzgeber muss hier seiner unter anderem aus Art. 2 Absatz 2 Satz 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip erwachsenden Schutzpflicht nachkommen. Kann der öffentlich-rechtliche Arbeitsschutz durch individualrechtliche Vereinbarungen unterlaufen werden, stellt dies keinen ausreichenden Schutz dar. Hierfür müsste ein annäherndes Kräftegleichgewicht zwischen den Arbeitsvertragsparteien bestehen, was typischerweise im Arbeitsverhältnis nicht der Fall ist.

Im Gegensatz zu der bestehenden Regelung, nach der die Aufsichtsbehörde eine Ausnahme vom Verbot der Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit vorher genehmigen lassen muss, kann nach der Neuregelung die Aufsichtsbehörde die entsprechende Arbeit verbieten. Dies stellt eine Umkehr der Regel-Ausnahme dar, was gleichbedeutend ist mit einer Absenkung des Schutzniveaus.

Eine Absenkung des Schutzniveaus würde sich auch aus der Einführung eines
neuen Gefährdungsbegriffes im Mutterschutzgesetz ergeben. So ist vorgesehen,
bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen eine "unverantwortbare Gefährdung" für die schwangere oder stillende Frau auszuschließen. Was auf den ersten Blick als zusätzlicher Schutz erscheint, entpuppt sich aber bei genauem Blick als ein Unterlaufen arbeitsschutzrechtlicher Regelungen. Es würde eine Risikobetrachtung in das Gesetz eingeführt, die im Arbeitsschutzgesetz nicht vorgesehen ist. Vielmehr ist dort Gefährdung definiert als die Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ohne bestimmte Anforderungen an deren Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit.

Das Arbeitsschutzgesetz will das Ziel einer früher einsetzenden Prävention
erreichen. Maßnahmen werden nicht erst dann ergriffen, wenn ein Schaden
hinreichend wahrscheinlich und besonders schwer ist. Die Einführung der Risikobetrachtung würde zu Widersprüchen und erheblichen Umsetzungsproblemen in der Praxis führen. Daher empfehlen wir dringend, auf diese Veränderung zu verzichten.

Ziel des Gesetzentwurfes ist es, einen zeitgemäßen Mutterschutz zu gestalten, der die veränderten Bedingungen der Arbeit berücksichtigt. Dazu gehört auch, dass nicht nur die physischen Belastungen durch die Arbeit sowohl bei der Gestaltung als auch bei der Analyse der Gefährdungen für die Gesundheit berücksichtigt werden. Ganz zentral erscheint vielmehr auch die Berücksichtigung der psychischen Belastungen, wie sie sich noch einmal in besonderer Weise für schwangere Frauen im Erwerbsleben darstellen. Gefährdungen, die durch psychische Belastungen hervorgerufen werden, müssen durchgängig im Gesetz verankert und konkreter benannt werden. Hier besteht Nachbesserungsbedarf.

Das bestehende Schutzniveau für die Betroffenen muss erhalten bleiben und die beschriebenen weitreichenden negativen Konsequenzen für das Arbeitsschutzrecht sind zu vermeiden.

Letzte Änderung: 21.09.2016