IG Metall Pforzheim zum Mindestlohn
Die Äußerungen der lokalen Funktionäre der Wirtschaftsverbände zum Mindestlohngesetz sind geradezu entlarvend, so der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Pforzheim Martin Kunzmann.
Statt sich Ihrer Verantwortung zu stellen und das Gesetz rechtskonform umzusetzen werden fast täglich völlig haltlose Behauptungen vom "Bürokratiemonster" und "Arbeitsplatzkiller" in die Welt gesetzt, offensichtlich mit dem Ziel die Bundesarbeitsministerin unter Druck zu setzen, so der Gewerkschafter.

Nachdem selbst den größten Widersachern des Mindestlohns zwischenzeitlich klar ist, dass dieser nicht mehr zurückgenommen wird, wollen sie nun seine künftige Kontrolle verhindern, so Kunzmann weiter.
Wie sollte man die Aussage von Witzenmanngeschäftsführer und Präsident des Baden-Württembergischen Landesverbands der Industrie, Herrn Hans- Eberhard Koch werten, der sich über die Rückhaftung für die Bezahlung des Mindestlohns bei Beauftragung von Subunternehmen beschwert. Es kann ja wohl nicht sein, dass sich die Unternehmen bei der Vergabe von Aufträgen an Subunternehmen ihrer Verantwortung einer rechtskonformen Bezahlung entziehen können, erklärt Kunzmann von der IG Metall.
Noch dreister formuliert der Pforzheimer Einzelhändler und Präsident des Handelsverbands, der im Zusammenhang mit dem Mindestlohngesetz gar von einer "unverschämten" Aufzeichnungspflicht spricht. Schon die Wortwahl lässt Kunzmann von der IG Metall schlimmes befürchten. Da geht es um weit mehr als den Mindestlohn, so Kunzmann weiter, denn er kenne keinen Arbeitgeber der die Arbeitszeit seiner Beschäftigten nicht erfasse. Schließlich müssen die Stunden ja korrekt abgerechnet werden können, und dazu sei ja eine Erfassung der Arbeitszeit erforderlich, ist sich Kunzmann sicher.
Um was es im Kern geht ist die Aufbewahrung dieser Daten, mit denen dann bei etwaigen Kontrollen durch die Zollbehörde sowohl Verstöße gegen das Mindestlohngesetz aber auch Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz oder etwaige Verstöße gegen das Bundesurlaubsgesetz nachgewiesen werden können.
Wie sonst könne Herr Theo Jost erklären die Gastronomie sei "nicht mehr handlungsfähig" und er "müsse die Gäste jetzt früher nach Hause schicken". Die Regelungen zur Arbeitszeit haben sich ja durch das Mindestlohngesetz nicht geändert. Offensichtlich wurde es aber seit längerem von zahlreichen Gastronomen nicht eingehalten, erklärt der Sprecher der IG Metall Pforzheim, Arno Rastetter. Wie sonst lasse sich der Aufschrei der Verbandsfunktionäre jetzt erklären? Den jüngsten Vorschlag von SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel hält Rastetter für vollkommen inakzeptabel: Dieser hatte gefordert, in Tarifverträgen für das Gastgewerbe Ausnahmeregelungen zu schaffen, damit die Beschäftigten mehr als die gesetzlich erlaubten zehn Stunden pro Tag arbeiten könnten. Gescheiter wäre es gewesen die Branche aufzufordern sich an die Arbeitnehmerschutzgesetze zu halten.

Gleiches gilt für den Wirtschaftsrat der CDU Baden-Württemberg, der von einer "Kultur des Misstrauens" spricht. Wer sich rechtskonform verhält und die in Deutschland ohnehin schwach ausgeprägten Arbeitnehmerschutzgesetze einhält, hat Kontrollen nicht zu befürchten. Weder die von Betriebsräten in Betrieben in denen diese existieren noch vor Kontrollen der Zollbehörde, in Sachen Mindestlohn, Mindesturlaub oder die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes, welches bereit seit dem 6. Juni 1994 in Kraft ist, so der Sprecher der IG Metall Pforzheim weiter. Im Übrigen gäbe es im Arbeitszeitgesetz bereits eine Aufzeichnungspflicht aller Stunden die kalendertäglich über 8 Stunden hinaus gingen sowie eine Aufbewahrungsfrist von 2 Jahren.
Offensichtlich will sich die Baden-Württembergische CDU auf Kosten der Beschäftigten mit geringstem Einkommen bei der Wirtschaft im Südwesten im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl mit Kritik am Mindestlohngesetz profilieren, dass die CDU im Bund mitbeschlossen hat.
"Auch diejenigen, die jetzt gegen den Mindestlohn wettern, können nicht wollen, dass Heerscharen von hart arbeitenden Menschen auf Hartz IV angewiesen sind und im Alter staatliche Unterstützung beantragen müssen," erklärt Rastetter.
Das Hauptproblem sei gegenwärtig, dass bestimmte Branchenvertreter Angst vor Kontrollen und Sanktionen hätten. Sie seien nicht bereit sich an Recht und Gesetz zu halten. "Ein Mindestlohngesetz ohne Arbeitszeiterfassung ist aber ein totes Gesetz. Eine Bezahlung auf Stundenbasis funktioniert nur, wenn die Arbeitszeit erfasst wird. Das ist auch allen Kritikern der Dokumentationspflicht klar: Sie beteuern zwar, sie akzeptierten den Mindestlohn - in Wahrheit wollen sie ihn aber wieder abschaffen." Teile der Wirtschaft und der Politik spielten hier ein unerträglich doppelbödiges Spiel.
Gerade deshalb sei es jetzt notwendig flächendeckende Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften zu bilden, um die Arbeit des Zolls und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zu unterstützen", so die IG Metall. Hier muss das Land Baden-Württemberg handeln. Auch die Rentenver-sicherung habe eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Mindestlohns, denn dort werden die Sozialversicherungsbeiträge eingezogen", so Rastetter weiter. "Deshalb muss der Prüfdienst der Rentenversicherung aufgestockt werden, um die Arbeit des Zolls effektiv zu unterstützen."
Letzte Änderung: 10.04.2015