501 Delegierte und 501 Anträge

Gewerkschaftstag

05.11.2007 Unter dem Motto "Zukunft braucht Gerechtigkeit" begann am Sonntag der 21. ordentlicher Gewerkschaftstag der IG Metall.

501 Delegierte darunter auch 2 aus Pforzheim beraten sechs Tage lang im Congress Centrum Leipzig über die künftigen Schwerpunkte der IG Metall, erörtern Sach- und Strategiefragen, diskutieren den Geschäftsbericht und wählen einen neuen Vorstand.

Der Gewerkschaftstag ist das höchste Beschlussorgan und findet alle vier Jahre statt. Die Delegierten wählen einen neuen Vorstand und legen in Entschließungen und Anträgen die Ziele und Aufgaben bis zum nächsten Gewerkschaftstag fest.

Vorstandswahlen
Der Gewerkschaftstag konstituiert sich heute. Es folgen der Bericht des Vorstandes, der Bericht der Revision, der Bericht des Kontrollausschusses und die Aussprache zu den Berichten. Nachdem am Montagabend dem bisherigen Vorstand die Entlastung erteilt ist, steht der Dienstag ganz im Zeichen der Neuwahl des Vorstandes.

Der Vorstand der IG Metall besteht aus dem Ersten und Zweiten Vorsitzenden, dem Hauptkassier, vier weiteren geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern und 29 ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern.

Es ist bei der IG Metall üblich, dass der Vorstand im Vorfeld eine Empfehlung an die Delegierten über die Zusammensetzung der künftigen geschäftsführenden Vorstandsmitglieder abgibt. In seiner Sitzung am 3. September hat der Vorstand der IG Metall Berthold Huber (57) als Nachfolger für Jürgen Peters für das Amt des Ersten Vorsitzenden vorgeschlagen. Für die Position des Zweiten Vorsitzenden schlägt der Vorstand dem Gewerkschaftstag den nordrhein-westfälischen Bezirksleiter Detlef Wetzel (54) vor. Bertin Eichler (55) wird erneut für das Amt des Hauptkassierers vorgeschlagen.

Als weitere geschäftsführende Vorstandsmitglieder sollen neu hinzukommen der bisherige Leiter des Bereichs Grundsatz, Gesellschaftspolitik und strategische Planung, Hans-Jürgen Urban (46) und die Hannoveraner Bezirkssekretärin Helga Schwitzer (56). Zur Wiederwahl vorgeschlagen werden Regina Görner (57) und Wolfgang Rhode (56), die das siebenköpfige Gremium vervollständigen (siehe auch: Berthold Huber und Detlef Wetzel sollen Vorsitzende der IG Metall werden).

Nach den Vorstandswahlen wird dann mit Spannung am Mittwoch das Zukunftsreferat des neugewählten ersten Vorsitzenden erwartet, von dem sich Delegierte und Öffentlichkeit wichtige Aussagen über die künftige Programmatik für die nächsten Jahre erwaten.

Anträge
501 Delegierte beraten über genau 501 Anträge - ein witziger Zufall. Hinzu kommen noch 47 Anträge auf Satzungsänderung und wohl auch noch zahlreiche Initiativanträge.

Die Antragsberatung gliedert sich in sieben Themenbereiche, denen jeweils eine eigene Entschließung voran steht

Es würde den Rahmen einer solchen kurzen Vorschau auf den Gewerkschaftstag bei weitem sprengen, wollte man versuchen alle Anträge darzustellen. Daher kann das an dieser Stelle nur eine kurze Übersicht zu den wichtigsten Themen sein.

Gesellschaftspolitik
Zum Themenkomplex Gesellschaftspolitik liegen insgesamt 76 Anträge vor. In der zugehörige Entschließung E 1 tritt die IG Metall für eine nachhaltige Unternehmenspolitik und eine solidarische Arbeitsgesellschaft ein. Gefordert werden der Ausbau der sozialen Demokratie (mehr plebiszitäre Elemente) und ein erneuertes europäisches Sozialmodell eine Globalisierung mit menschlichem Antlitz und den Schutz der Natur.

In den Anträgen zu diesem Themenbereich wird vor allem die Kritik an der Politik der USA und die Ablehnung von militärischen Auslandseinsätzen der Bundeswehr deutlich und die Forderung nach einem stärkeren friedenspolitischen Engagement der IG Metall erhoben. Weitere Themenschwerpunkte sind der Kampf gegen Neofaschismus und Fremdenfeindlichkeit, Erweiterung des Streikrechts, Fortsetzung der Mobilisierung für eine solidarische Reformpolitik und Kritik an der Politik der Bundesregierung.

Wirtschaftspolitik
Die Entschließung E 2 sowie die dazugehörigen 24 Anträge befassen sich mit den Themen: Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen, Zukunftsinvestitionsprogramm, gerechtes Steuersystem und Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.

Unter der Überschrift "Globalisierung sozial gestalten" fordert die IG Metall den Aufbau eines gerechten Welthandelssystems (Reform der WTO) und die Regulierung der Finanzmärkte.

Tarifpolitik
Im dritten Themenbereich geht es um die Tarifpolitik. Hier liegen mit 98 Anträgen besonders viele Vorschläge und Forderungen der Delegiertenversammlungen der Verwaltungsstellen, von Vorstand und Kontrollausschuss sowie den Personengruppenausschüssen vor.

Betont wird in der E 3 die zentrale ökonomische und soziale Bedeutung des Flächentarifvertrags. Zugleich wird auf die zunehmende Bedeutung der betrieblichen Handlungsebene hingewiesen. Die IG Metall will ihre betriebliche Handlungsfähigkeit ausbauen mit dem Ziel der Sicherung von Tarifstandards und Stabilisierung des Flächentarifvertrags.

In der Arbeitszeitpolitik will die IG Metall der Verlängerung der Arbeitszeit entgegenwirken, die Zeitsouveränität der Beschäftigten erhöhen und weitere Schritte der Arbeitszeitverkürzung auf der tarifpolitischen Agenda lassen.

Außerdem will die IG Metall eine Kombination aus tariflichen und gesetzlichen Mindestlöhnen (einheitlich, gesetzlich 7,50 €).

Die Anträge zu diesem Themenbereich befassen sich u.a. mit dem "Pforzheim Abkommen (abweichende Tarifregelungen) hier wird vor allem eine stärkeren Koordinierung bei Abweichungen angemahnt.

Eine Vielzahl von Anträgen in diesem Themenkomplex befasst sich auch mit der immer weiter ausufernden Leiharbeit. Gefordert wird den Grundsatz des "Equal Pay" zu verankern und die Leiharbeit zu regulieren bzw. zu begrenzen.

Sozialpolitik
Zum Themenbereich Sozialpolitik liegen 74 Anträge vor. In der Entschließung E 4 geht es um die Zukunft des Sozialstaates, die Gesundheitspolitik, die Arbeitsmarktpolitik und die Alterssicherung. Die IG Metall lehnt den Umbau des Sozialstaates zum Wettbewerbsstaat ab und sie engagiert sich für die solidarische Weiterentwicklung des Sozialstaates.

In der Gesundheitspolitik fordert die IG Metall eine die Einführung der solidarischen Bürgerversicherung. In der Arbeitsmarktpolitik wird eine flächendeckende Ausweitung von Kombilöhnen abgelehnt und die Verlängerung der Bezugsdauer für ältere Arbeitslose gefordert.

Beim Thema Alterssicherung bekräftigt die IG Metall ihre Ablehnung der Rente mit 67 und fordert einen flexiblen Altersausstieg.

Betriebspolitik
Die Entschließung E 5 zum Themengebiet "Betriebspolitik" spricht sich u.a. für eine Stärkung der Europäischen Betriebsräte und der internationalen betrieblichen Netzwerke aus. In den 41 Anträgen zu diesem Komplex machen sich für eine stärker branchenorientierte Betriebspolitik stark und fordern das Projekt "Gute Arbeit" fortzusetzen.

Organisationspolitik
In der Entschließung E 6 und den 100 Anträgen zu diesem Antragspaket geht es um die Themenfelder, Neugliederung von Verwaltungsstellen, Erarbeitung von Kooperationskonzepten, Mitgliederentwicklung, Intensivierung der Mitgliederwerbung, Personalplanung und Personalentwicklung und die Personengruppenarbeit.

Zahlreiche Anträge befassen sich auch mit der Rolle des DGB. Der Tenor der Anträge lautet hier: den DGB in der Fläche erhalten.

Bildungsarbeit
87 Anträge und eine Entschließung (E 7) gibt es zu den Themenfeldern Bildungspolitik, gewerkschaftliche Bildungsarbeit sowie berufliche Aus- und Weiterbildung.

Die IG Metall fordert den Ausbau der politischen Bildung. In der Schulpolitik fordert sie unter dem Motto "eine gute Schule für alle" gemeinsamen Unterricht bis zum 10. Schuljahr und die Einrichtung von ganztägig organisierten Schulen. In der Hochschulpolitik erneuert die IG Metall ihre Kritik an den Studiengebühren.

Gefordert wird auch eine gerechte Finanzierung der Ausbildung, die alle Betriebe einbezieht

Letzte Änderung: 21.11.2007