Whistleblower-Richtlinie

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26.04.2023 Immer noch kein Gesetz zum Schutz von Hinweisgebenden

Das Hinweisgeberschutzgesetz hat Ende März seinen zweiten Anlauf genommen und es abermals nicht über die Ziellinie geschafft. Jetzt kommt es in den Vermittlungsausschuss. Der DGB fordert umfassenden Schutz für Whistleblower*innen. Das Gesetz wäre dabei der erste Schritt in die richtige Richtung.

Vermittlungsausschuss soll Kompromiss finden
Jetzt kommt das Hinweisgeberschutzgesetz doch in den Vermittlungsausschuss. Eigentlich sollte das Hinweisgeberschutzgesetz am 30.3.2023 im Bundestag beschlossen werden, es wurde jedoch kurzfristig wieder von der Tagesordnung genommen. Jetzt hat die Regierung doch noch den Vermittlungsausschuss angerufen, dort soll ein Kompromiss mit den unionsgeführten Ländern gefunden werden.

Das Tauziehen um den Gesetzesentwurf ist fatal. Das Gesetz soll Menschen speziellen arbeitsrechtlichen Schutz gewähren, die Missstände in ihrem Unternehmen melden. Hierfür sieht das Gesetz vor, dass interne und externe Meldestellen eingerichtet werden. Hier können die Arbeitnehmer*innen dann bestimmte Verstöße - strafbewährte und bestimmte bußgeldbewährte Taten - melden. Werden danach "Repressalien" gegen sie ergriffen, wird vermutet, dass dies aufgrund ihrer Meldung geschieht und deswegen angenommen, dass die Maßnahme unrechtmäßig ist. Diese spezielle Schutzmaßnahme ist bitter nötig - wie die betriebliche Realität zeigt.

Deutschland verstößt gegen EU-Richtlinie zum Hinweisgeberschutz
Das hat auch die Europäische Union erkannt und deswegen eine Richtlinie zum Hinweisgeberschutz erlassen. Die Bundesregierung ist nicht frei in ihrer Gesetzgebung, sie muss vielmehr ein Gesetz zum Hinweisgeberschutz erlassen. Zwingend durch die Richtlinie vorgeschrieben ist zum Beispiel, dass diese umgesetzt wird.

"Die Beweislastumkehr ist das Herzstück des Gesetzes: Meldet jemand einen Missstand und erleidet dann Repressalien wie Kündigung oder Versetzung, muss der Arbeitgeber wasserdicht erklären, dass nicht die Meldung Anlass war - und nicht die Betroffenen müssen Beweise antreten", führt Anja Piel, Mitglied des DGB-Bundesvorstandes aus. Zwingend vorgeschrieben ist auch, dass Unternehmen mit über 50 Arbeitnehmer*innen interne Meldestellen einrichten müssen.

Das Tauziehen um den Gesetzentwurf ist besonders fatal, weil die Bundesregierung die Whistleblower-Richtlinie bis zum 17.12.2022 hätte umsetzen müssen - sie ist also bereits seit knapp eineinhalb Jahren in Verzug.

Die Europäische Kommission hat deswegen ein "Vertragsverletzungsverfahren" gegen Deutschland eingeleitet, was mittlerweile schon die zweite (von drei) Stufen erreicht hat. Am Ende eines solchen Verfahrens kann die Bundesrepublik zu Strafzahlungen verurteilt werden - für jeden Tag, an dem die Richtlinie nicht richtig umgesetzt worden ist. Das kann teuer werden und ist für Arbeitnehmer*innen doppelt ärgerlich: Zum einen wird ihnen der dringend notwendige Schutz verwehrt - zum anderen sind es auch ihre Steuern, mit denen die Strafe bezahlt wird.

DGB kritisiert Gesetzentwurf
Für den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften besteht deswegen keinerlei Zweifel, dass die Bundesregierung jetzt alles daransetzen muss, die Richtlinie endlich schlüssig und kohärent umzusetzen. Der DGB hat nach wie vor Kritik an dem Gesetz (siehe auch DGB-Stellungnahme). Für uns ist vor allem klar, dass das Hinweisgeberschutzgesetz nicht fachfremd für eine Kampagne zur Verfassungstreue von Beamt*innen missbraucht werden sollte.

CDU/CSU fordern zum Beispiel eine Eins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinie. Das würde zu einem in der Praxis völlig unzureichenden Schutz führen. Es würde bedeuten, dass nur noch Melder*innen von Verstößen geschützt sind, wenn gegen spezifisches EU-Recht verstoßen wurde - im Ergebnis hieße das, keinerlei Arbeitserleichterung für Unternehmen und zudem noch einen vom Zufall abhängenden Zweiklassenschutz für die Arbeitnehmer*innen. Dass die Richtlinie selbst nur für diese Verstöße greift, liegt an der Gesetzgebungskompetenz der Europäische Union. Die Richtlinie empfiehlt jedoch sogar, den Anwendungsbereich in den jeweiligen EU-Ländern auszuweiten.

Hinweisgeberschutzgesetz als wichtiger erster Schritt
Der Entwurf für ein Hinweisgeberschutzgesetz ist nicht der von uns erhoffte allumfassende und ausdifferenzierte Schutz - er ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. Die Bundesregierung sollte im weiteren Verfahren aufpassen, zumindest diesen ersten wichtigen Schritt nicht weiter zu verwässern.

Letzte Änderung: 22.04.2023