Arbeits- und Gesundheitssutz

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22.09.2023 Gesetzliche Ruhezeiten schützen vor dem Hamsterrad

Eine größere Flexibilisierung von Arbeitszeiten führt zu größeren Belastungen. Indizien dafür finden sich auch in der aktuellen Arbeitszeitberichterstattung der Bundesregierung. Die Daten zeigen: Beschäftigte, deren Arbeitszeit erfasst wird, berichten seltener von Termin- und Leistungsdruck.

Die Befunde sind eindeutig: Lange Arbeitszeiten, Überstunden und verkürzte Ruhezeiten, das zeigen die Daten des aktuellen Arbeitszeitreports der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) klar, gehen häufig einher mit Termin- oder Leistungsdruck, und mit einer Überforderung durch die Arbeitsmenge. Psychische Belastungen wiederum, wie sie durch Termin- und Leistungsdruck, durch zu viel oder zu lange Arbeit entstehen, führen zu gesundheitlichen Risiken, häufig zu gesundheitlichen Beschwerden: Sie können, das haben wissenschaftliche Studien längst belegt, krank machen - und zwar Körper und Seele.

Wechselwirkung von Arbeitszeit und Gesundheit
Der neue Arbeitszeitreport der BAuA, für den im Jahr 2021 über 20 000 Erwerbstätige befragt wurden, wirft einen scharfen, umfassenden Blick auf die Arbeitszeitrealität in Deutschland. Er beleuchtet die Wechselwirkung von Arbeitszeitanforderungen auf die gesundheitliche Situation der Beschäftigten. Und er zeigt klar: Der Wunsch der Arbeitgeber nach einer größeren Flexibilisierung von Arbeitszeit und gegen eine durchgängige Erfassung der Arbeitszeiten, wie sie Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall formuliert hat, führt geradewegs zu größeren Belastungen der Kolleginnen und Kollegen.

Die Ergebnisse des Reports zeigen auf, dass verschiedene Beschäftigtengruppen unterschiedlich von Arbeitszeitanforderungen betroffen sind. 80 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten normalerweise tagsüber zwischen 7 und 19 Uhr, 20 Prozent allerdings auch außerhalb dieser Zeiten. Ganze 39 Prozent der abhängig Beschäftigten in Deutschland arbeiten regelmäßig am Wochenende, 18 Prozent von ihnen ausschließlich an Samstagen, ein weiteres Fünftel an Samstagen und Sonntagen und 2 Prozent ausschließlich an Sonntagen.

Verkürzte Ruhezeiten führen zu Belastungen
Zum anderen, und das ist elementar, finden sich in den Studienergebnissen Zusammenhänge zwischen hohen Arbeitszeitanforderungen und berichteten Gesundheitsbeschwerden. Die Daten zeigen: Lange Arbeitszeiten, Überstunden und verkürzte Ruhezeiten gehen häufig mit einem schlechteren Gesundheitszustand einher. Weiterhin ist die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Leben und Arbeit bei Beschäftigten mit langen Arbeitszeiten, Überstunden und verkürzten Ruhezeiten deutlich reduziert.

"Gesetzlich festgelegte Arbeits- und Ruhezeiten schützen alle Beschäftigten vor dem Hamsterrad", sagt Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. "Wer über das jetzige gesetzliche Maß hinaus arbeiten lassen will, betreibt Raubbau an der Gesundheit der Beschäftigten. Viele arbeiten heute schon am und über dem gesundheitlichen Limit. Die Arbeitsmedizin lehrt, dass es harte Grenzen bei der Dauer gibt. Lange und zu lange Arbeitszeiten führen zu höheren Krankständen, einer höheren Unfallgefahr und langfristig zu mehr Erwerbsgeminderten. Das nutzt niemandem."

Arbeitszeiterfassung hat positive Auswirkungen
Der Arbeitszeitreport zeigt indes auch: Beschäftigte, deren Arbeitszeiten betrieblich erfasst werden, berichten seltener von Termin- und Leistungsdruck sowie einer Überforderung durch die Arbeitsmenge. Auch machen sie weniger Überstunden. Es zeigt sich: Wo Arbeitgeber ihrer Verantwortung nachkommen, die Arbeitszeiten zu ermitteln und zu beurteilen, hilft das der Gesundheit der Beschäftigten.

Hans-Jürgen Urban betont: "Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist eindeutig: Arbeitszeiten müssen erfasst werden, daran führt kein Weg vorbei. Das Ob steht also nicht zur Debatte, aber das Wie. Die Erfassung muss so sein, dass dem Gedanken des Arbeitsschutzes Rechnung getragen wird und zugleich Spielräume für selbstbestimmte Zeitgestaltung erhalten bleiben."

Letzte Änderung: 18.08.2023