40 Euro-Pauschale bei Zahlungsverzug

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12.07.2016 Erfüllt ein Arbeitgeber nach Fälligkeit einer Entgeltforderung diese nicht, so gerät er in Schuldnerverzug und muss dem betroffenen Arbeitnehmer eine Pauschale in Höhe von 40 Euro bezahlen.

Das bestimmt § 288 Abs. 5 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Ab dem 1. Juli 2016 gilt § 288 Abs. 5 BGB für Entgeltforderungen aus Arbeitsverhältnissen, die vor dem 28. Juli 2014 begründet worden sind. Das bedeutet, dass die 40 Euro jetzt für alle Arbeitsverhältnisse verlangt werden können, wenn der Arbeitgeber Entgeltansprüche für Arbeitsleistungen ab dem 1. Juli 2016 bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig erfüllt.

I. Zu den Anspruchsvoraussetzungen
1. Es muss sich um eine Entgeltforderung handeln. Im Arbeitsverhältnis haben alle Zahlungsansprüche von Arbeitnehmern gemäß § 611 Abs. 1 BGB, darunter auch Sonderzahlungen (z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld) Entgeltcharakter. Keinen Entgeltcharakter haben Aufwendungsersatzansprüche (z. B. Reisekosten). Verzögerungen bei der Entgeltzahlung auch z. B. an Feiertagen und im Krankheitsfall (§§ 2 und 3 Entgeltfortzahlungsgesetz) sowie beim Urlaubsentgelt nach § 11 Bundesurlaubsgesetz führen zur Fälligkeit der 40 Euro-Pauschale.

2. Der Arbeitgeber muss mit der Erfüllung der Entgeltforderung in Verzug gekommen
sein.
a) Dies ist regelmäßig der Fall, wenn er zum Fälligkeitszeitpunkt nicht oder nicht in voller Höhe das dem Arbeitnehmer geschuldete Entgelt geleistet hat. Die Fälligkeit tritt nach § 614 Satz 2 BGB bei Monatsvergütungen ein mit Ablauf des jeweiligen Monats, in dem die Arbeitsleistung erbracht worden ist. Nach § 308 Nr. 1 a BGB kann ein Arbeitgeber in einem von ihm vorformulierten Arbeitsvertrag keine längere Zahlungsfrist als 30 Tage nach Empfang der Gegenleistung bestimmen. Kollektivrechtlich - also durch Tarifvertrag und/oder Betriebsvereinbarung - können allerdings abweichende Fälligkeitszeitpunkte festgelegt
werden.

b) Da die Fälligkeit von Entgeltforderungen in aller Regel kalendermäßig bestimmt ist, bedarf es für den Verzugseintritt nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB keiner Mahnung des Arbeitnehmers. Der Verzug tritt deshalb mit Ablauf des Fälligkeitstages ein. Auch ist nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer irgendwelche sonstige Aktivitäten ergriffen hat, um seine Forderung durchzusetzen. Die 40 Euro- Pauschale wird in voller Höhe bereits mit Verzugseintritt geschuldet. Sie ist eine Nettoforderung, auf die wiederum Verzugszinsen gefordert werden können. Das Verlangen einer weiteren 40 Euro-Pauschale wegen Verzugs mit einer bereits
fälligen Verzugspauschale ist jedoch ausgeschlossen.

c) Ausnahmsweise tritt nach § 286 Abs. 4 BGB kein Verzug ein, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines Umstandes nicht leistet, den er nicht zu vertreten hat. Eine Berufung auf Zahlungsschwierigkeiten reicht nicht aus. Konnte der Arbeitgeber aber unverschuldet davon ausgehen, dass die Forderung nicht besteht (etwa wenn er höchstrichterlicher Rechtsprechung vertraut hat, dass kein Anspruch besteht), so gerät er nicht in Schuldnerverzug.

d) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung über den Ausschluss oder eine Beschränkung des Anspruchs auf die 40 Euro-Pauschale ist nach § 288 Abs. 6 Satz 3 BGB im Zweifel grob unbillig und deshalb unwirksam.

II. Zu den Rechtsfolgen
1. Der Arbeitnehmer kann die 40 Euro als Pauschale verlangen, auch wenn der rückständige Entgeltbetrag geringer ist und im Extremfall nur einen Cent beträgt. Es bedarf keines Nachweises des Eintritts eines Schadens.

2. Es findet auch keine Anrechnung der Pauschale auf die Geltendmachung von Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB statt.

3. Ist dem Arbeitnehmer ein über die Verzugszinsen und die 40 Euro-Pauschale hinausgehender Schaden entstanden (z. B. für Kontoüberziehungszinsen), kann der diesen nach § 288 Abs. 4 BGB zusätzlich ersetzt verlangen.

4. Nach § 288 Abs. 5 Satz 3 BGB muss sich der Arbeitnehmer die 40 Euro-Pauschale, die ihm als materieller Mindestschadensersatz zusteht, auf darüber hinausgehende Schadensersatzansprüche wegen Rechtsverfolgungskosten anrechnen lassen. Wenn und soweit er solche Kosten wegen des in § 12 a Abs. 1 ArbGG geregelten Ausschluss der Kostenerstattung für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten im erstinstanzlichen Arbeitsgerichtsverfahren nicht geltend machen kann, so kann auch nichts angerechnet werden.

5. Ist der Arbeitgeber nicht nur mit einer, sondern mit mehreren Monatsentgelten in Zahlungsverzug, so entstehen auch mehrere Ansprüche auf 40 Euro. Das gleiche gilt für Abschlagszahlungen, siehe § 288 Abs. 5 Satz 2 BGB. Die Vervielfachung von 40 Euro-Ansprüchen hat besondere Bedeutung bei Dauerereignissen, etwa wenn eine Eingruppierungs- oder eine Kündigungsschutzklage gewonnen wird. Dann steht fest, dass für alle vorangegangenen Fälligkeitszeitpunkte jeweils 40 Euro angefallen sind. Bei Annahmeverzugslohnansprüchen nach gewonnenem Kündigungsschutzprozess stehen dem auch keine Ausschlussfristen entgegen, anders bei Eingruppierungsdifferenzen, die nicht rechtzeitig geltend macht bzw. eingeklagt wurden.

Letzte Änderung: 07.07.2016